Weihnachtsgedanken


Weihnachtsgesang aus "Poggfred"

In Poggfred bin ich, Schnee liegt rings umher,
der Weihnachtsabend ist herangekommen,
ein voller Wagen hält geschenkeschwer,
für viele Kinder ist er angekommen.
Zu unsrer Freude und des Christkinds Ehr'
ist über Bethlehem der Stern entglommen.
Fern aus den Wäldern klingt ein leiser Sang,
der klingt so sanft, der klingt so liebebang:
"Es ist ein Reis entsprungen
aus einer Wurzel zart;
wie uns die Alten sungen,
von Jesse kam die Art.
Und hat ein Blümlein bracht
mitten im kalten Winter
wohl zu der halben Nacht."

Aus meinen Forsten einen Tannenbaum
so mächtig groß wie möglich ließ ich bringen,
dann schufen Bertouch, ich, den Wintertraum
und ließen alles prächtig wohlgelingen;
ein Honigkuchenruch durchzieht den Raum,
die Tische sind bedeckt mit bunten Dingen,
die Kerzen leuchten und die Glocke tönt,
Herein, Herein! Hier ist die Welt versöhnt.

Ich hatte weit das Völkchen holen lassen,
aus Tagelöhnerkaten, Heidehütten,
die scheuen Kleinen aus den dürftigen Klassen,
der Waschfrau kränklich Kind von dunstigen Bütten:
sie alle soll die Liebe heut umfassen,
sie alle soll die Fülle heut umschütten.
Ich selber nahm aus dem befang'nen Schwarm
ein lütt Zigeunermädel auf den Arm.

Halbjährig ist das Wurm, sie trappelt, trampelt,
die braunen Händchen zittern, langen, greifen.
Sie macht ein Karpfenmäulchen, strappelt, strampelt,
und wie erstaunt die schwarzen Augen schweifen,
heb ich sie lichterhoch! Und wie sie ampelt!
Ho, jemine, kann schon ihr Finger kneifen!
Sie kreischt vor Luft, das war ihr erstes Juchzen,
du, Dirnlein, käm die später nie das Schluchzen.

Ach, schenken, schenken, könnt ich immer schenken.
Und lindern, wo die Not, die Armut haust.
Und braucht ich nie mein Geld erst zu bedenken,
wo ein Verzweifelter den Bart sich zaust.
Unf könnt ich alle Krämerhälse henken:
Pfeffer in euern Schlund! Und meine Faust!
Könnt allen ich ein Tannenreis entzünden:
seid froh, vergeßt für immer eure Sünden.

Ist das ein Durcheinander: wie sie spielen
und schleppen, ziehn, trompeten, trommeln, geigen.
Beschwert sind Stühle, Sofa, Teppich, Dielen
ein jedes schirmt und schützt für sich sein Eigen;
Mariechen, oh, seh ich nach Ännchen schielen,
ei, ei! Doch wer kommt da? Und tiefes Schweigen:
ein Engel mit gesenkten weißen Flügeln,
der flog wohl eben her von Gottes Hügeln.

Seht! Der jetzt hier vor euch steht,
ist ein Engel aus dem Himmel,
von den Sternen hergeweht,
ach, ins irdische Gewimmel.

Manches hab ich angeschaut,
ganz zuletzt die Weihnachtsbäume,
und darunter aufgebaut
tausend wachgewordne Träume.

Mit Knecht Ruprecht ging ich viel
vor den schönen Christkindtagen,
immer neu war unser Ziel,
seinen Rucksack half ich tragen.

Unsrer Gaben Fülle lag
fest verschlossen in Verstecken,
daß nicht vor dem Jesustag
Naseweischen sie entdecken.

Ein Klein-Lottchen konnt ich sehn,
mit dem Brüderchen, dem Fritzen,
suchten emsig auf den Zehn
Schlüsselloch und Türenritzen.

Kinder, ward der alte Mann
böse, zeigte schon die Rute!
Doch ich tat ihn in den Bann,
bis ihm wieder lieb zu Mute.

Und nun trägt vom hellen Baum
jeder seinen Schatz in Händen,
und er läßt sich selbst im Traum
die Geschenke nicht entwenden.

Ganz besonders diesmal fand
Märchenbuch ich und Geschichten
denn ich kam in jenes Land,
wo die Menschen alle dichten.

Bleibt ihr artig, kleine Schar,
wird Knecht Ruprecht an euch denken,
bringt euch auch im nächsten Jahr
einen Sack voll von Geschenken.

Und dann steht ihr wie im Traum.
Und noch einmal seht ihr wieder
Kerzenglanz und Tannenbaum
und hört alte Weihnachtslieder.

Die Fenster auf! Der Engel hebt die Hacken,
langsam erhebt er zu den Sternen sich,
wir biegen unsre Köpfe in den Nacken,
hoch, höher schwebt er, silberweiß; ein Strich
verschimmert an des Mondes Sichelzacken,
die ganze Erde ruht nun feierlich.
Aus Poggefreds Wäldern, rings, wie Friedensklang
klingt wunderbar ein Knabenzwiegesang:
Sanctus dominus deus Sabaoth,
pleni sunt coeli et terra gloria tua,
Hosianna in excelsis.

Detlev von Liliencron


Das Vöglein auf dem Weihnachtsbaum

Ich hatt' ein Vöglein, das war wunderzahm,
daß es vom Munde mir das Futter nahm.
Es flatterte bei meinem Ruf herbei
und trieb der muntern Kurzweil vielerlei,
drum stand das Türchen seines Kerkers auf
den ganzen Tag zu freiem Flug und Lauf.
Im Käfig war es aus dem Ei geschlüpft,
war nie durch Gras und grünes Laub gehüpft
und hatte nie den dunklen Wald geschaut,
wo sein Geschlecht die leichten Nester baut.
Und wie der Winter wieder kam ins Land,
das Weihnachtsbäumchen in der Stube stand,
da fand mein schmuckes, zahmes Vögelein
neugierig bald sich in den Zweigen ein.
Wohl trippelt es behutsam erst und scheu
dem Rätsel zu, so lockend und so neu,
doch bald war's in dem grünen Reich zu Haus,
wie prüfend breitet es die Flügel aus;
so freudig stieg und fiel die kleine Brust,
als schwellte sie der Tannenduft mit Luft.
Und wie er nie vom Käfig noch erklang,
so froh, so schmetternd tönte sein Gesang!
Zum erstenmal berauscht vom neuen Glück,
kehrt es zu seinem Hause nicht zurück.
Hart an das Stämmchen duckt es, still und klein
und schlummert in der grünen Dämmrung ein.
Und sinnend sah ich lang des Lieblings Ruh
wie erst dem Spiel, dem zierlich heitren, zu,
als durch des Vogels Leib mit einemmal
sein seltsam Zittern wunderbar sich stahl;
das Köpfchen mit dem Fittich zugetan,
fing es geheim und süß zu zwitschern an:
Im Traum geschah's ... und Wald und Waldeswehn
schien ahnungslos durch diesen Traum zu gehen.
Und seltsam überkam's mich bei dem Laut!
Was nie das Tierchen lebend noch geschaut,
des freien Waldes freie Herrlichkeit,
nun lag es offen da vor ihm und weit ...
mich aber mahnt es einer anderen Welt,
und mancher Frage, zweifelnd oft gestellt,
und dieses Leben deuchte mir ein Traum
wie der des Vögleins auf dem Weihnachtsbaum.

Hermann von Schmid


Christabends Neige

Die laute Lust verhallte nach und nach,
Am Bäumchen brannten tief die Kerzchen nieder,
Es füllt ein sanfter Schimmer das Gemach
Wie Widerschein von leuchtendem Gefieder;
Ein Hauch von Tannenharz und Kerzenduft
Durchzittert weihrauchgleich die stille Luft,
Und wie die Lichter mehr und mehr verglimmen,
Erwachen in der Brust die Sabbatstimmen.

Da tönt so süß die alte, hehre Weise,
Die frohe Botschaft in das Erdenleben:
"Uns ist ein Kind geboren", haucht es leise,
Und wiederhallt's: "Ein Sohn ist uns gegeben!"
Weltaltes Hoffen . . . ferner Urzeit Hort . . .
Prophetenstimm' und Patriarchenwort
Lebt auf im Herzen, deiner eingedenk,
Du, heil'ger Christnacht selig Weihgeschenk.

Und holde Bilder, die im Hintergrund
Bescheiden harrten, bis der Jubel währte -
Sie tun sich wunderhell der Seele kund,
Die aus dem Jubel in die Stille kehrte.
Blick auf, mein Herz: im Sphärenlauf erklingt
Nur eine Nacht, die solche Bilder bringt:
Das erste grüßt so schlicht: da lächelt lind
In nied'rem Stall ein neugebornen Kind.

Doch ringsum Wunderpracht! . . . ein neuer Stern
Flammt hoch im Blau . . . her wallt der Zug der Weisen . . .
Um Herd' und Hirten schwebt der Glanz des Herrn,
Und Engelscharen nahn mit sel'gem Preisen . . .
O Gruß und Lied und Huld'gung dargebracht -
O süß Geheimnis der geweihten Nacht:
Ein hilflos Kind in armer Kripp' Umhegung,
Und draußen Erd' und Himmel in Bewegung. -

"Mein Christbaum steht in Dämmerung gehüllt,
Doch aus den Bildern ist ein Licht erklommen,
Als wär' im nächt'gen Äther glanzerfüllt
Der Stern von Bethlehem empor geschwommen. -
Was rauschte sacht im dunklen Tannenbaum?
War das nicht eines Engels Flügelsaum?
Mein Herz erbebt, dass hell die Zähre tropft:
Der heil'ge Christ hat leise angeklopft.

Helene von Engelhardt


Weihnachten

O heil'ge Nacht, ersehnt in Kinderträumen,
Du Freudenfest für alle Christenherzen,
Du kamst, und hell von tausend Tannenbäumen
Begrüßt dich der Glanz der Weihnachtskerzen:
Ihr Schein durchleuchtet mild die Winternacht,
In der in aller Welt die Liebe wacht.

Von allen Türmen ruft ein festlich Läuten,
Und durch die stille Nacht bei Schnee und Wind
Zum Haus des Herrn andächt'ge Menschen schreiten,
Zu grüßen dort das neugeborne Kind,
Das einst die sündenvolle Erdenwelt
Mit seines Lichtes Fülle hat erhellt.

Und frommer Sinn erblicket Bethlems Palmen,
Er sieht in Himmelsglanz die Engel schweben,
Er hört der armen Hirten Jubelpsalmen
Und schaut, wie sie mit andachtsvollem Beben
Sich beugen vor dem Kind auf Stroh und Heu -
Und Bethlems Wunder wird alljährlich neu.

O blick' in deines Kindes Augensterne,
Wenn du den Glauben ihm nicht geraubt
Und hör' aus seinem Munde, wie so gerne
Es an das Christkind und sein Kommen glaubt:
Dann fühlst du, wie dich still ein Weh erfasst,
Weil du nicht mehr den Kinderglauben hast.

Drum lasset froh bei lichtbestrahlten Bäumen
In dieser Nacht beim Klang der Weihachtslieder
Noch lange harmlos euer Kindlein träumen,
Und werdet mit ihm selbst zum Kinde wieder,
Der Strahl, der fromm aus seinen Augen bricht,
Er birgt für euch der Weihnacht schönstes Licht.

Anton Joseph Ohorn


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