Weihnachten Geschichte


Verkündigung

Da sitzet sie, mit andern Blumen spielend,
Knospe der Rose,
Noch nicht den Strahl der Gottheit in sich fühlend,
Der bald des Himmels Füll' ihr weckt im Schoße;
Doch ahnt es schon das Blümelein, das sie liebt,
Blickt süß betrübt,
Die Blume ahnet's, die sie trägt am Herzen,
Verblühet schnell in wonniglichen Schmerzen.

Bald aber senkt auf strahlendem Gefieder
Der Engel sich herab, o sel'ge Stunde!
Bringt ihr die Kunde,
Und betend sinkt die Gottgeweihte nieder;
Ein Strahl des Himmels zuckt durch ihre Glieder.
Die Knospe reift zur Paradiesesfülle;
Doch sie erhebet sich in Demut wieder:
"Ich bin die Magd, Herr! es gescheh' dein Wille!"

Justinus Kerner


Die Hirten

Himmels Botschaft ist erklungen;
Ach, ein wunderbarer Klang!
Engel haben uns gesungen
Einen seligen Gesang:
Heute sei das Kind erschienen,
Dem die Himmel ewig dienen.

Nun zu suchen seine Spuren
Und zu schau'n das Licht der Welt,
Führt uns Liebe durch die Fluren,
Liebe führt uns übers Feld.
Sprecht, wo seid ihr, liebe Boten,
Die uns jenen Gruß entboten?

Seitwärts lenken sich die Blicke,
Seitwärts, wo das helle Licht
Aus der alten, kleinen Hütte
Gar zu lieb und fröhlich bricht:
Wo sich unsre Stäbe neigen,
Scheinet alles hinzuzeigen.

Kommt ihr endlich in das Leben,
Alte Sehnsucht, alter Traum?
Kann die Erde dir nicht geben
Bessre Ruh' und bessern Raum?
Wo die Tiere friedlich schlafen,
Liegt der Hirt bei seinen Schafen.

Sei gegrüßt, o holder Knabe,
Unsrer Hoffnung Morgenrot,
Aller Himmel höchste Gabe,
Aller Welten Himmelsbrot,
Angesagt von alter Kunde,
Meister in dem neuen Bunde!

Nimm den Stab mit zarten Händen,
Deinen sanften Hirtenstab,
Führe treu von allen Enden
Deine sel'ge Schar hinab,
Führe sie zum Kreuzestale,
Wo sie ruht in deinem Strahle.

Hirten, lasst und weitergehen,
Schallen soll der Lobgesang:
Ehre droben in den Höhen
Gott im hellen Sternenklang!
Friede soll nun auf der Erden,
Aller Menschen Freude werden!

Max von Schenkendorf


Der Hirtenknabe von Bethlehem

In jener Nacht, die den ewigen Tag
Uns gab und mit licht die Welt erfüllt,
Als noch, in arme Windeln gehüllt,
Zu Bethleh'm der Erlöser lag:
Da kamen, gerufen vom Gloria
Des Engelchores, aus Wald und Feld
Die Hirten zu seiner Wiege heran
Und fanden sie wunderbar erhellt
Und schauten und glaubten und beteten an;
Und als die Sonne herniedersah,
Da brachten der Jungfrau, die ihn gebar,
Die Hirten erquickende Früchte und Trauben
Und andere ländliche Gaben dar.
Ein Hirtenknabe war dabei,
Ein armer Waise aus Bethlehem,
Der hatte nichts von alledem
Als auch das Herz von Lieb' und Glauben.
Und diese Liebe doch zu erweisen,
So blies er der Jungfrau, dem göttlichen Kind,
Dem frommen Pfleger treu gesinnt,
Auf seiner Schalmei andächtige Weisen.
So kam er jeden Morgen wieder
Und spielte in Demut auf ländlichem Rohr
Dem Kind und den heiligen Engeln vor
Und war durch seine kunstlosen Lieder
Und durch den Schmuck bescheidener Sitten
An jedem Tage dort wohlgelitten.

Doch als er eines Morgens kam
Und sich der Hütte nahte, vernahm
Er ein Geräusch von Knechten und Rossen
Und fand sie geziert mit Prachtgewanden
Und reichem Stoff aus den Morgenlanden.
Und vor dem Kinde drei Männer knien,
Von purpurnen Königsmäntel umflossen,
Die brachten demselben Gold und Rubin
Und Weihrauch und duftende Myrrhen dar.
Kaum nahm der Knabe die Pracht gewahr,
So blieb er schüchtern, bescheidentlich
Mit seiner Schalmei von ferne stehn,
Anstaunend die Fremden, und scheute sich
In die glanzerfüllte Hütte zu gehen.

Allein die heilige Mutter des Herrn
Bemerkte den armen Knaben von fern
Und rief ihn zu sich herein ins Gedränge
Der ihr gehorsam ausweichenden Menge;
Und sprach zu ihm leutselig und hold:
"Die Liebe nur gibt Wert dem Gold,
Das uns die Andacht der Könige beut.
Und diese Liebe hast auch du,
Drum spiele wie sonst dein Lied auch heut,
Wir hören dir mit Freuden zu!"

Der Knabe darauf ergreift die Schalmei
Und blies sein Liedchen mutig und frei.
Und unter den Fremden erhob sich kein Spott,
Es lächelte selbst der kindliche Gott
aus seiner Wiege den freundlichen Tönen.

Eduard von Schenk


Der Baum in der Wüste

Als Maria mit dem Kinde,
Nach Ägypten auf der Flucht,
Von des Tages Wandrung müde,
in dem Schatten Ruhe sucht,

Da sie zu des heil'gen Kindleins
Labung bang nach Früchten spät:
Schaut sie endlich in der Wüste
einen Baum, der einsam steht.

Seine Zweige schwer belastet
Sind mit Früchten reich geschmückt,
Was die liebevolle Mutter
Ob des Kindleins hoch entzückt.

Wie sie sich dem Baume nahet,
Von den Früchten pflücken will,
sieht sie, daß zu hoch sie hangen,
Und sie weint betrübet still.

Doch des Baumes schlanke Zweige
Neigen nun zur Erde sich,
Gleich als ob sie freundlich sprächen:
Heilige Maria, brich!

Brich die Früchte, die wir bieten
Dir und dem geliebten Kind,
Dem wir, gleichwie des Erschaffnen
Alle, untertänig sind.

Und Maria brach die Früchte
Und pries Gottes Allmacht laut,
Niederkniend voll der Demut,
Als das Wunder sie geschaut.

Franz von Pocci


Maria und das Milchmädchen

Maria kam auf ihrer Flucht
Gen Mittag in ein ödes Tal.
Da war kein Baum mit Laub und Frucht,
Der Rasen dürr, der Felsen kahl,
Und sengend fiel der Mittagsstrahl.
Es schmachten Kind und Mutter sehr,
sie schaut nach einem Quell umher,
Jedoch umsonst, kein Quell und Tau
Tränkt dieses Tal, so nackt und rau.
Das schmerzt die Frau der Lieb' und Huld,
Das Knäblein trägt es mit Geduld.

Jetzt kommt ein Mägdlein wohlgemut
Mit Milch daher, ein junges Blut,
Zwar gelb und hässlich von Gesicht,
Doch klingt gar lieblich, was es spricht.
Es grüßt die Mutter mit dem Kind,
Es nimmt herab den Topf geschwind
Und bietet ihn der Jungfrau an
Und freut sich, daß es geben kann.

Es sagt zur Mutter: "Dreimal Glück
Dir und dem Kind! Ich trüg' es gern
Nur einen kleinen Augenblick,
So schön ist nicht der Morgenstern."
Die Mutter legt von ihrer Brust
Den Knabe in des Mägdleins Arm,
Die Maid herzt ihn mit frommer Lust,
Sie küsst sein Mündlein, rot und warm,
Und wünscht der Mutter nochmals Glück
Und geht und schaut noch oft zurück.

Und als sie kommt mit frohem Sinn
Zu ihrer Hütte, still und klein,
Da tritt sie an den Brunnen hin
Und wäscht vom Staub das Antlitz rein.
Jedoch ein fremdes schönes Bild
Strahlt aus dem Wasser klar und mild.
Sie teilt das Wasser mit der Hand,
Das Bild kommt wieder, wie's verschwand,
Sie lacht es an, es lacht sie an,
Sie ist es selbst, es ist kein Wahn.
Vom Kuss des Knäbleins kam alsbald
Ihr diese himmlische Gestalt.
Doch quillt ihr in dem Busen auch
Ein Sehnen wie beim Frühlingshauch,
Und alles ist ihr fremd, als wär'
Die Erde nicht ihr' Heimat mehr!

Alois Schreiber


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