Weihnachtsabend
& Christnacht


Am Weihnachtsabend

(Wiegenlied)

Mond und Sterne friedlich scheinen
Alles schläft in süßer Ruh'
Mietzekatze trägt den Kleinen
Ein erhaschtes Mäuschen zu,
Und mein Kindlein in der Wiegen
Selig, wie im Himmel lacht,
Engel sind herabgestiegen,
Halten Wacht,
Weihnachtsabend, heil'ge Nacht.

Wenn die bunten Lichter flimmern
Auf dem grünen Tannenbaum,
Und die goldnen Nüsse schimmern,
Küss' ich meines Kindes Traum
Sachte von dem roten Mündchen,
Aber 's hat gute Zeit,
Schlafen musst du manches Stündchen,
Bis bereit
All die ganze Herrlichkeit!

Püppchen hat noch keine Kleider,
Sehnt nach Strümpfen sich und Schuh'n,
Mutter ist ein fleiß'ger Schneider,
Darf die ganze Nacht nicht ruhn,
Immer schnipp schnapp macht die Schere,
Und die Nadel Stich auf Stich,
Dass ich mir den Sandmann wehre,
Königlich
Freut mein Kindchen morgen sich!

Lasst die Kindlein zu mir kommen
Also sprach der heil'ge Christ,
Der zu aller Menschen Frommen
Heute Nacht geboren ist.
Liebend hast du hingegeben
Für die ganze Welt dein Blut,
Gib, dass meines Kindes Leben
Fromm und gut
Blühe auf in deiner Hut!

Albert Traeger


Christnacht

Heil'ge Nacht, auf Engelschwingen
nahst du leise dich der Welt,
und die Glocken hör ich klingen,
und die Fenster sind erhellt.
Selbst die Hütte trieft von Segen,
und der Kindlein froher Dank
jauchzt dem Himmelskind entgegen,
und ihr Stammeln wird Gesang.

Mit der Fülle süßer Lieder,
mit dem Glanz um Tal und Höh'n,
Heil'ge Nacht, so kehrst du wieder,
wie die Welt dich einst gesehn,
da die Palmen lauter rauschten,
und, versenkt in Dämmerung,
Erd und Himmel Worte tauschten,
Worte der Verkündigung;

Da, der Jungfrau Sohn zu dienen,
Fürsten aus dem Morgenland
in der Hirten Kreis erschienen,
Gold und Myrrhen in der Hand!
Da mit seligem Entzücken
sich die Mutter niederbog,
sinnend aus des Kindes Blicken
nie gefühlte Freude sog.

Heil'ge Nacht, mit tausend Kerzen
steigst du feierlich herauf,
o, so geh in unserm Herzen,
Stern des Lebens, geh uns auf!
Schau, im Himmel und auf Erden
glänzt der Liebe Rosenschein:
Friede soll's noch einmal werden
und die Liebe König sein!

Robert Prutz


Weihnachten bei den Großeltern

Heut abend, als wir zu euch gingen,
da war in der Luft ein leises Klingen,
da war ein Rauschen, man wußt' nicht woher,
als ob man in einem Tannenwald wär,
da huschte vorüber und ging nicht aus
ein heimliches Leuchten von Haus zu Haus.
Der Mond kam über die Dächer gesprungen:
"Wohin noch so spät, ihr kleinen Jungen?
Ihr müßt ja zu Bett, was fällt euch ein?"
und lachte uns an mit vollem Schein.
Da lachten wir wieder: "Du alter Klöner,
heut abend ist alles anders und schöner.
Und glaubst du's nicht, kannst mit uns gehen,
da wirst du ein blaues Wunder sehn."
Da sprang er leuchtend uns voran,
bei diesem Hause hielt er an.
Wir gingen hinein mit froher Begier,
und Klingen und Rauschen und Leuchten ist hier.

Jakob Loewenberg


Christnacht

Wieder mit Flügeln, aus Sternen gewoben,
Senkst du herab dich, o heilige Nacht:
Was durch Jahrhunderte alles zerstoben -
Du noch bewahrst deine leuchtende Pracht!

Leerend das Füllhorn beglückender Liebe,
Schwebst von Geschlecht zu Geschlecht du vertraut;
Wo ist die Brust, die verschlossen dir bliebe,
Nicht dich begrüßte mit innigstem Laut?

Und so klingt heut noch das Wort von der Lippe,
Das einst in Bethlehem preisend erklang,
Strahlet noch immer die liebliche Krippe -
Tönt aus der Ferne der Hirten Gesang.

Was auch im Sturme der Zeiten zerstoben -
Senke herab dich in ewiger Pracht,
Leuchtende du, aus Sternen gewoben,
Frohe, harzduftende, heilige Nacht!

Ferdinand von Saar


Weihnachtsstimmen

Unter tiefem Schnee die Welt,
Doch im Herzen Blühn und Sprossen -
Sternenlicht vom Himmelszelt
Auf die Erde ausgegossen -
Fromme Hirten hier im Tal,
Dort des Welterlösers Krippe:
Heil'ge Nacht voll Licht und Strahl,
Feiernd grüßt dich jede Lippe!

Heil'ge Nacht, du süße Nacht,
Nacht der grünen Tannenbäume,
Wo die Engel halten Wacht
Über goldne Kinderträume,
Wo die ärmste Menschenbrust
Sich dem heil'gen Licht erschließet,
Das vom Himmel unbewusst
Weihnachtsfreuden niedergießet:

Führe du gen Bethlehem
Heute noch die frommen Hirten;
Kön'ge von Jerusalem,
Bringet Weihrauch, bringet Myrten:
Zeigt es, dass der große Streit,
Der die Menschen trennt nur Lüge,
Dass die Liebe Blumen streut
Auf des ärmsten Kindes Wiege! -

Engel grüßen euch daraus; -
Habt ihr nicht den Ruf vernommen:
"Treten in des Armen Haus",
"Lasst die Kindlein zu euch kommen!?"
Jedes Kind ein Christuskind,
Dessen Herz noch rein vor Lüge,
Und die Hütten Bethlehems sind
Wo die Armut in der Wiege.

Drum, ihr Hirten, nehmt den Stab
Und verlasset eure Herden:
Zieht gen Bethlehem hinab:
Fried' und Freud sei auf Erden!
Denn es leuchtet hell der Stern,
Dem zu folgen euch beschieden:
Gebt die Ehre Gott dem Herrn -
Aber seiner Welt den Frieden!

Rudolf Bunge


In der heiligen Christnacht

Die heil'ge Nacht schwebt nieder mild und klar,
Es glänzt der Mond, der Sterne gold'ne Schar
Umschließet rings gleich einem Heil'genschein
Die weiße, schneebedeckte Erde ein.
Wie feierlich ist alles, still und prangend,
Gleich wie nach einem großen Heil verlangend!

Mir ist das Herz in sel'ger Wonne wach,
Geschmückt ist mein friedliches Gemach
Gleich einem Kirschlein, und der Weihnachtsbaum
Steht drinnen glänzend wie ein Kindheitstraum;
Aus weißen Lilien flammen helle Kerzen,
Wie Lieb' und Andacht glüh'n in reinem Herzen.

O heil'ger Christ! O komm und steig herab,
Dem ich mein Kämmerlein geschmückt hab'!
Dir blühet meiner Blume duft'ger Kranz,
Dir leuchtet meiner Kerzen heller Glanz,
O komm' aus deines Himmels gold'nem Prangen,
Ich harre hier, dich liebend zu empfangen!

Doch hab ich noch ein andres Kämmerlein,
Da zieh vor allem, treuer Jesus, ein:
Zieh ein in meines liebes Kindes Herz
Und hebe all sein Fühlen himmelwärts;
Da scheuche weg die dunklen Erdenschmerzen,
Da zünde an die hellen Freudenkerzen.

Das wandle mir zum lichten Paradies,
Da pflege all die Blumen hold und süß;
Zieh auf die Rosen rot, die Lilien weiß,
Die ich gestreut zu deinem Ruhm und Preis.
O wie unendlich wäre mein Entzücken,
Könnt' ich's zu deiner ew'gen Wohnung schmücken!

Wie immer heller glänzt die heil'ge Nacht!
Wie immer reiner glüht der Sterne Pracht!
Ich breite meine Arme sehnend aus:
O heil'ger Christ, komm, ziehe in mein Haus
O komm aus deines Himmels gold'nem Prangen,
Um alles, was ich liebe, zu umfangen!

Katharina Diez


Christkind kommt

Ihr Wolken, hemmt den raschen Lauf,
Ihr Sterne, flimmert sacht!
Leis geht das Tor des Himmels auf
In dieser heil'gen Nacht.
O Meer, erbrause hoch und laut,
Ihr Berge, neigt das Haupt
Vor dem, nach dem ihr alle schaut,
An den ihr alle glaubt.

Des Waldes Wipfel, neiget euch!
Verstreuet rings den Ruf,
Ihr Lüfte, Felsen, beuget euch!
Es naht, der euch erschuf.
Nur eins, nur eins liegt starr und tot,
Verachtet, Herr, Dein Licht -
Das Menschenherz in seiner Not
Und Nacht erkennt Dich nicht!

Verlassen steht Dein Bethlehem,
Verwaist der Liebe Thron,
Es führt zu breit und zu bequem
Der Weg nach Babylon.
Hier lockt mit ihren Schätzen all
Frau Welt, so weich, so lind:
Wer denkt noch an den armen Stall,
Ans allerärmste Kind?

Den Engelsang, den überbraust
Der Wollust Symphonie:
Der Sänger Saiten schrill durchsaust
Des Goldklangs Melodie.
Die ehre feil, der Glaube feil
Um schnöden Judaslohn;
Die Welt, die sucht ein andres Heil
Als Dich, der Jungfrau Sohn!

Drum fliehst Du aus der Städte Schwall
Zur armen Hirtenschar,
Dort grüßt Dich noch ein leiser Schall
Vom Glück, das einstens war:
Vom Glück, das einstens schimmernd lag
Auf einer gläub'gen Welt,
Vom Glück, das finstre Mächte Schlag
Uns neidisch hat zerschellt.

Umsonst! - Die Welt, so klug und alt,
Stürmt fort im Luftgebraus,
Ihr Tannenbaum glänzt leer und kalt,
Dich, Christkind, trieb sie aus!
So komm, Du Kindlein wunderbar
Zu uns ins Hirtenzelt,
Ach - klein und arm ist unsre Schar -
Auch uns verstieß die Welt!

O komm vom hohen Himmel her
Zu uns in heil'ger Nacht;
Hellfunkelnd steht der Sterne Heer,
Lautlos der Berge Macht.
Des Meeres Orgel braust und klingt,
Stumm liegt die Erde da,
Doch eine Engelstimme singt
Ein helles Gloria!

Franz Eichert


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