Christliches Weihnachtsgedicht
Zwischen Gott und Welt noch
Schwankst du hin und her,
Und es wiegt die Welt doch
Sicher gar nicht schwer!
Sorge ist und Last da,
Wo sie Glück dir lügt,
Solo Dios basta:
Gott allein genügt.
Sieh, dort in der Krippe
Jenes Kindlein klein,
Nur von Jesu Lippe
Floß die Wahrheit rein;
Hast du sie erfasst da,
Hast du, was nicht trügt,
Solo Dios basta:
Gott allein genügt.
Alles war vergebens
Bis zu jenem Tag,
Als der Herr des Lebens
In der Krippe lag;
Durch den holden Gast da
Hat sich's wohl gefügt,
Solo Dios baste:
Gott allein genügt.
O, wie war hienieden
Tief des Unheils Nacht,
In das Herz den Frieden
Hat dies Kind gebracht;
Bess're ohne Rast da,
Was dein Heiland rügt,
Solo Dios basta:
Gott allein genügt.
Adolf Kolping
Uns ist ein Kind geboren,
Ein Sohn ist uns geschenkt,
Ohn' den die Welt verloren,
Im elend blieb versenkt.
Er ließ die tausend Sterne,
Die er in Bahnen lenkt.
Nun kommt von nah und ferne,
Ein Kind ist uns geschenkt!
Da nahen von den Sternen
Die Engel wundersam,
Damit wir Menschen lernen,
Wozu der Heiland kam.
Sie mahnen: "Gott die Ehre,
Die ihm die Welt versagt!"
Sie flehen: "Herr, beschere
Ruh' dem, der elend klagt!"
Da nahet von den Auen
Der frommen Hirten Schar,
Das Wunderkind zu schauen,
Des Name "Wunderbar".
Sie bringen ihre Gaben
Dem Kinde liebereich ,
Und heil'ge Wonne haben
Vom Kinde sie sogleich.
Da nahen aus der Ferne
Bald auch der Könige drei;
Geführt vom Wundersterne
Ziehn gläubig sie herbei.
Sie knien und sie finden
Das Licht trotz Nacht und Wind.
O, nahen wir doch alle,
Noch ist so mild das Kind,
Eh' mit Posaunenschalle
Der Richter, nicht mehr lind.
O nahen wir doch alle
Und seien wir nicht blind,
Da wir zur Himmelshalle
Vom Kind geladen sind.
Franz Alfred Muth
Süße Mutter, sei gegrüßet!
Zeig' mir doch dies Kindelein,
Das dein reiner Arm umschließet;
Sag': Ist das mein Brüderlein?
Schaut so ernsthaft und so sinnig,
Blickt so zärtlich doch und lind.
Sel'ge Mutter, fromm und innig,
Ja, Du hast das schönste Kind. -
Kind, was bring' ich nur für Gaben
her in Deinen dunklen Stall?
Willst Du all mein Spielzeug haben,
Meine Puppe, meinen Ball?
Alle Blumen will ich bringen,
Die in meinem Garten stehn,
Will dir singen, will Dir springen,
Nimmer wieder von Dir gehn.
Sag' mir nur: Was soll ich machen?
Kränz' und Krönlein, bunt und blank?
Soll ich weinen oder lachen?
Willst Du Flöt- und Zitherklang?
Was Du willst, das sollst Du haben,
Gib mir nur Dein Händelein. -
Fahrt nur hin, ihr andern Knaben
Ich kann eu'r Gespiel' nicht sein. -
Lass mich eine Stell' erwerben,
Kind, im Reich, das Du erwirbst!
Lehr' mich beten, lehr' mich sterben,
Wie Du lebst und wie Du stirbst.
Nun, Maria, voll Erbarmen
Reiche mir Dein Kindelein!
Dass ich zärtlich in den Armen
Wiege solch ein Brüderlein.
Luise Hensel
Der Friedenskönig kommt heran,
Bereitet ihm den Weg!
Streut Palmen auf die Siegesbahn
Und ebnet jeden Steg!
Sanftmütig kommt er, Hass und Streit
Ist fern von seinem Sinn.
Demütig kommt er, Demut breit'
Die Kleider vor ihm hin.
Denn, wen noch wilder Zorn entflammt,
Wen Rach' und Hass empört,
Wer andere kühn und stolz verdammt,
Ist nicht des Königs wert.
Er kommt zum Frieden. Fried' ernährt,
Unfried' verheert die Welt.
Der ist nicht dieses Königs wert,
Der Bund und Treu' nicht hält.
Willkommen, Held, für unser Heil,
Der Menschheit Retter Du!
Der Wahrheit liebt, hat an Dir teil
Und Freud' und Himmelsruh'.
Auch wer für Menschenwohl und Glück
Gefahr und Not nicht scheut,
Und, ruft der Himmel ihn zurück,
Sein Leben willig weiht,
Ihm tönet Segen nach und Dank,
Wenn sich sein Auge schließt,
Indes ihn Himmelslobgesang
"Gesegnet sei!" begrüßt.
Wohlauf; wir stimmen in den Chor
Das Hosianna ein!
Ein Engel schwingt die Palm' empor,
Der Sanftmut uns zu weih'n.
Johann Gottfried Herder
Halleluja! die Zeit,
Bestimmt von Ewigkeit,
Die Zeit der Wonne und Jubel kam,
Da Gott des Menschen Leib annahm.
Sie, die auf ihn gestorben sind,
Wie seufzten sie, zu sehn das Kind,
Das Kind, das Gott und sterblich war.
Es kam. Da sang der Himmel Schar
Anbetung, Dank und Ruhm!
Heil dir und Gottes Ruh',
Erlöst, o Mensch, wirst du.
Der Sohn, das Heil der Welt, erschien
Schon Abraham und segnet' ihn.
Erwähltes Volk, des Sohnes Macht,
Sie führt in Flammen dich die Nacht,
Den Tag in hohen Wolken dich,
Dir Schutz und Pharo fürchterlich.
Auch sah auf Sina Moses schon
Des Vaters Herrlichkeit, den Sohn.
Er ist's, der immer wunderbar
Und Frieden Abrams Kindern war.
Er ist der Held, die Macht, der Rat,
Den Bethl'ems Hütt' umschattet hat.
Gelobet seist Du, Jesus Christ,
Das Du ein Mensch geworden bist !
Noch warst Du auf des Vaters Thron,
Da nannten Deinen Namen schon
Die Himmel, und es beugt vor ihm
Sich alle Knie - der Seraphim,
Und derer, die entschlafen sind,
Und derer, die noch sterblich sind,
Auch ist kein ander Heil, es ist
Kein andrer Nam' als, Jesus Christ,
Dein großer, ew'ger Nam' allein,
Durch den wir können selig sein.
Mit herzlicher Barmherzigkeit
Hast Du uns Sünder Gott geweiht.
Dir lass uns leben, sterben Dir!
Denn Mensch warst Du, ach, Staub wie wir.
Barmherzigkeit, Barmherzigkeit
Ist all Dein Tun, Barmherzigkeit!
Geboren warst Du, dass Du stürbst,
Und eine Seligkeit erwürbst,
Die, in die Ewigkeit versenkt,
Nie ganz der frommen Seele denkt.
Sie fühlt nur dunkel, nur von fern
Das Schau'n, die Herrlichkeit des Herrn.
Bis Du uns dort Dir ganz vereinst,
Schall' in der Hütte, wo Du weinst -
Die Hütt' ist auch Dein Heiligtum -
Erschall' in ihr durch uns Dein Ruhm!
Friedrich Gottlieb Klopstock
Uns ward heut ein Kind gegeben,
Uns geboren heut ein Sohn,
Ewigkeiten heißt sein Leben,
Denn des Vater des Äon
Ward von Ewigkeiten schon
Alle Herrschaft übergeben;
Ihm, der sein wird, ist und war,
Rat und Kraft und wunderbar!
Mit verhülltem Antlitz fallen
Seraphim und Cherubim
Ihm zu Füßen, es erschallen
Ihre Hallelujah Ihm.
In den Preis der Seraphim
Darf auch unsre Liebe lallen,
Ihm, der sein wird, war und ist,
Ihm, der unser Bruder ist!
Er durch den die Sonne scheinet,
Dem gehorsam Meer und Wind,
Liegt in einer Kripp' und weinet!
Er, durch den die Himmel sind,
Wird der zarten Jungfrau Kind!
Mit dem Ewigen vereinet,
Zeigt er freundlich uns und mild
Seines großen Vaters Bild.
Die ihr Töchter nun und Söhne
Von dem ew'gen Vater seid,
Kommt herbei! Der blick gewöhne
Schon hienieden in der Zeit
Sich an Gottes Herrlichkeit!
Seht das Kind in seiner Schöne,
Hochgelobet in der Zeit,
Hochgelobt in Ewigkeit!
Welche Morgenröte wallen
Himmelab in stiller Nacht!
Seh' ich Sonnen Gottes fallen?
Nein, der Heere Gottes Macht
Hält bei frommen Hirten Wacht,
Und des Engels Worte schallen:
"Zaget nicht! Denn große Freud'
Ist euch widerfahren heut.
Christus ist euch heut geboren,
Euer Heiland, euer Herr!
Davids Stadt hat er erkoren,
Und in Windeln lieget er!
In der Krippe liegt der Herr!
Jedem Volk ward er geboren,
Hochgelobet in der Zeit,
Hochgelobt in Ewigkeit!"
Spricht's, und Gottes Strahlenheere
Stehen plötzlich sichtbar da,
Und es rauschet laut wie Meere
Amen und Hallelujah!
Dann erschallet fern und nah:
"In der Höhe sei Gott ehre,
Friede sei der Erde Teil,
Und den Menschen Gnad' und Heil!"
Wie des Frühlings Boten schweben
Sie umher im Lobgesang,
Und die frommen hirten streben
Eilends ihren Pfad entlang;
Noch vor Freude bleich und bang,
Treten sie hinein und beben
Wonnetrunken nun hinan
Vor das Kind und beten an.
Lechzend nach Erkenntnis, hatten
Sabas Weisen früh und spät
Nachgeforschet, nicht im Schatten
Ihrer Weisheit sich gebläht;
Hatten nach dem Quell gespäht,
Oft begonnen zu ermatten,
Oft geahnet, oft vom Tod
Licht gehoffet und von Gott.
Glühend standen sie am schroffen
Abgrund, in des Zweifels Nacht,
Und durch demutsvolles Hoffen
Beugten sie des Himmels Macht;
Licht ward ihnen angefacht,
Ihres Geistes Blick ward offen,
Und es leitet sie ein Stern
Hin zur Herrlichkeit des Herrn.
O wie gehen auf ihrem Pfade
Dankend sie und froh einher!
Immer strahlt der hohen Gnade
Zeichen hell vor ihnen her,
Bis das Kindlein mild und hehr
Ihnen strahlt mit höh'rer Gnade.
Ihre fromme Liebe zollt
Sabas Duft und Sabas Gold.
Ach, was können wir Dir bringen,
Dir, dem Herrn der Herrlichkeit?
Unsre Liebe soll dir singen,
Dir sei unser Herz geweiht,
Unser Wille Dir bereit!
Gib zum Wollen das Vollbringen!
Lass uns Dein sein in der Zeit,
Dein, o Herr, in Ewigkeit!
Friedrich Leopold von Stolberg
Die Zeit, sie war erfüllt. Es lag die Nacht
Geheimnisvoll und schweigend auf der Erde,
Und mit den Sternen hielten stille Wacht
Die Hirten auf dem Feld bei ihrer Herde.
Auch ihre Seele harrte sehnsuchtsschwer
Des Tags, da Heil den Menschen widerfahre,
Und tröstlich schwebten dämmernd um sie her
Prophet'sche Worte längst verschollner Jahre.
Und wie sie lauschten ihrem Licht und Klang
Und tiefer ahnten ihre volle Wahrheit,
Da schwoll die Seele ihnen freudig bang,
Denn sie umleuchtete Jehovas Klarheit.
Ein Engel trat zu ihnen segnend her:
"Seid ohne Furcht! ich bring' euch frohe Kunde:
Der Heiland, welcher Christus ist, der Herr,
Er ward geboren euch in dieser Stunde!"
Ein süßer Friedenshauch umwehte sie,
Den nur geahnet die Propheten haben;
Sie blieben stumm vor Lust und Freude, wie
Ein Kind verwundert schaut des Christbaums Gaben.
Dann aber fuhr der Engel frohe Schar
Lobpreisend nieder von den Himmelshöhen,
Und ihre Stimmen schollen wunderbar,
Getragen von der Nachtluft leisem Wehen.
Glückselig, wenn auch du vernahmst den Klang,
Wenn du durch Nacht geschaut den Himmelsmorgen!
Ist aber noch dein Herz von Zweifeln bang,
Ist's noch gedrückt von Zweifeln und von Sorgen,
Verzage nicht: die trübste Stunde ist
Zur höchsten Freude oft vom Herrn erkoren.
Nicht lang, so hörst du's tönen: Jesu Christ,
Der Sünder Heiland, ist auch dir geboren!
Friedrich Adolf Krummacher
Herr, ich kann in Frieden fahren,
Denn Dein Morgen rötet sich,
Hab' erharrt in langen Jahren,
Was ich schaue sicherlich.
Was uns heilig zugeschworen,
Ist wahrhaftig auch geschehn;
Dieses Zeichen war erkoren
Vieler Fall und Auferstehn.
Mag das Schwert zum Herzen dringen,
Schallen soll der Glocken Klang;
Hell und mutig will ich singen
Meinen letzten Schwanensang.
Neues Leben hat begonnen
Jung und schön und wunderbar,
All die alten Liebesbronnen
Fließen auch noch süß und klar.
Wenn die Greise Kinder werden,
Weisheit aus den Kindern spricht,
Spielet wieder auf der Erden
Hell und frisch das Himmelslicht.
Herr, nun lass den Diener ziehen,
Lass ihn von dem langen Tun,
Von den Sorgen, von den Mühen
Sanft in seinem Erbteil ruh'n.
Max von Schenkendorf
Sie hatten lange auf das Heil gehofft,
Die beiden Alten, Simeon und Anna,
Die eine Bitte beteten sie oft:
"Gib uns den Heiland, wie Du gabst das Manna!
Gib uns den Heiland; denn in Sünden liegt
Die Welt, vom Trug geblendet und gekettet,
Und mehr und mehr die Nacht das Licht besiegt,
Und keine Taube mit dem Ölzweig fliegt!
Gib uns den Heiland, der uns alle rettet!" -
Sie wurden alt, sie wurden nicht erhört;
Doch Tag für Tag stieg aus den heil'gen Hallen
Des Tempels, wo kein Lärm die Frommen stört,
Ihr Flehn zu Gott, es möge Ihm gefallen,
Den Held zu schicken, der das Heil uns bringt,
Der alles Leid für diese Welt wird tragen,
Der siegreich in den Staub die Hölle zwingt,
Dem Erd' und Himmel "Heilig! Heilig!" singt,
Und der zuletzt doch wird ans Kreuz geschlagen.
Die Zeit war ernst. Der Alten frommes Flehn
Blieb unerhört. Voll schmerzlicher Gedanken,
Das Aug' voll Tränen, die nur Gott gesehn,
Das Herz voll Leid, das keiner kann verstehn,
Sie müden Fußes aus dem Tempel wanken.
Und wie sie stille gehn, die beiden Frommen,
Der Sehnsucht voll, doch fast des Hoffens bar,
In Demut Joseph und Maria kommen,
Und alle Blicke folgen diesem Paar,
Das arm zwar tritt zu dieses Tempels Stufen,
Auf das im Stolz der Pharisäer blickt,
Und das zu hohen Dingen doch berufen:
Denn von den Armen dieser Jungfrau nickt
Ein Kind, das lächelt froh in diese Welt,
Das streckt die Hände jung und alt entgegen,
Ein Sonnenstrahl aus seinen Augen fällt,
Ein Sonnenstrahl, so voll von reinem Segen,
Ein Sonnenstrahl, so voll von Glück und Glanz,
Ein Friedensblick voll Liebe und Vertrauen,
Als trüg' es nie den blut'gen Dornenkranz,
Als würd' es nie die Schädelstätte schauen.
Und wie sie's sehn, das Kind, da stockt der Fuß,
Da glänzt das Aug', da fühlen sie den Segen,
Da jubeln sie den ersten Freudengruß
Dem Gotteskind, dem schwachen Kind, entgegen.
Da schlägt das alte Herz so froh und warm,
Wie's nicht mehr schlug seit langen, langen Jahren,
Da hält der Greis das Kind auf seinem Arm:
"Nun, Herr, nun will ich hin in Frieden fahren,
Das große Liebeswunder ist geschehn,
Du hast erhört mein jahrelanges Flehn,
Und der Erlöser ist zur Welt gekommen!
Hans Eschelbach
Gar eines schönen Tages gingen
Die Kinder vor das Tor und fingen
Da Kurzweil an und Kinderspiel.
Da sprang mit andrer Knaben viel
Der Knabe Jesus auch von Haus,
Sie kamen bald aufs Feld hinaus,
Wo Lehm und Erde war gegraben.
Da setzt' er sich mit andern Knaben
Und bildete mit kleiner Hand
Den weichen Lehm, den losen Sand
Und machte kleine Vögelein,
Wie er sie fliegen sah im Hain,
Grasmücken, Finken, Wachteln, Tauben
Und den Wiedehopf mit hoher Hauben.
Wie nun die andern Knaben sah'n
Die Vögel all so wohlgetan,
Da lachten sie und wollten auch
Sich Vögel machen nach seinem Brauch.
Nun war's der Juden Sabbattag,
Da der Kinder Schar im Sande lag.
Da kam ein alter Jude just
Daher und sah der Kleinen Lust,
Wie sie mit Lehm und Erde spielten
Und nicht des Tages Feier hielten:
Darob erbost er sich alsbald
Und fuhr die Kinder an und schalt.
Er sprach: "Ihr seid des Teufels Brut,
Dass ihr hier solche Dinge tut,
Ihr brechet euern Sabbaot,
Damit erzürnt ihr euern Gott.
Jesus, die Schuld hast du allein,
Dass diese Kinder insgemein
Der schwere Zorn des Himmels trifft,
Von dir kommt der Verführung Gift."
Doch Jesus sprach: "Ei, wollte Gott,
Dass du selber deinen Sabbaot
Zu halten wüsstest so wie ich,
Nicht also schelten darfst du mich!"
Da ward der alte Jud' erst böse
Und lief mit kreischendem Getöse
Hinzu, sich an dem Kind zu rächen,
Sein schönes Spiel ihm zu zerbrechen.
Zertreten wollt' er mit den Füßen
Die Vögelein, den Zorn zu büßen.
Doch Jesus ihm das nicht vertrug,
Die Händlein rasch zusammen schlug,
Wie wenn man Vögel will erschrecken;
Die Stimme ließ er, sie zu wecken,
Erklingen auch mit lautem Schall.
Da wurden sie lebendig all
Und flogen auf und hoch empor
Und sangen laut herab im Chor:
"Wir haben Leben und Gefieder;
Nun komm einmal und tritt uns nieder!"
Der alte hört es ungelassen;
Doch musst er sie wohl fliegen lassen.
Karl Simrock
Was hat den Balsam deiner Wunde
Und deinen Schmerzen Ruh' gebracht?
Es ist die süße Friedenskunde
Aus einer längst vergangnen Nacht.
O Nacht des Mitleids und der Güte,
Die auf Judäa niedersank,
Als einst der Menschheit sieche Blüte
Den frischen Tau des Himmels trank!
O Weihnacht! Weihnacht, höchste Feier,
Wir fassen ihre Wonne nicht;
Sie hüllt in ihre heil'gen Schleier
Das heiligste Geheimnis dicht.
Denn zöge jene Nacht die Decken
Vom Abgrund uns der Liebe auf,
Wir stürben vor entzücktem Schrecken,
Eh' wir vollbracht den Erdenlauf.
Der Menschheit schmachtendes Begehren
Nach Gott, die Sehnsucht, tief und bang,
Die sich ergoss in heißen Zähren,
die als Gebet zum Himmel rang;
Die Sehnsucht, die so lange Tage
Nach Gotte hier auf Erden ging
Als Träne, Lied, Gebet und Klage:
Sie ward Maria - und empfing.
Die Sehnsucht, die zum Himmel lauschte
Nach dem Erlöser je und je,
Die aus Prophetenherzen rauschte
In das verlassne Erdenweh.
Das Paradies war uns verloren,
Uns blieb die Sünde, und das Grab:
Da hat die Jungfrau ihn geboren,
Der das Verlorne wiedergab.
Der nur geliebt und nie gesündigt,
Versöhnung unsrer Schuld erwarb,
Erloschne Sonnen angezündet,
Als er für uns am Kreuze starb.
Der Hohepriester ist gekommen,
Der lächelnd weiht sein eignes Blut;
Es ist uns der Prophet gekommen,
Der König mit dem Dornenhut!
Nikolaus Lenau
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